S****** Tage haben alle

    KOLUMNE:


    Jugend von heute

    Es ist 6:00 morgens, das nervtötende Alarmgeräusch meines Weckers reisst mich aus meinem Schlaf, viel zu früh. Ich weiss, eigentlich sollte man mit einer positiven Grundeinstellung aus dem Bett hüpfen und dankbar für jeden neuen Tag sein. Das bin ich grundsätzlich auch und an jedem anderen Tag bin ich mir meiner Privilegien bewusst und schwer runterzukriegen. Heute ist dies aber absolut nicht der Fall. Jeder Versuch aus dem angefangenen Tag, einen guten Tag zu gestalten, scheitert. Es klappt einfach rein gar nichts. Die Milchpackung im Kühlschrank ist leer. Man vergisst beim Kaffee machen eine Kapsel zu verwenden. Beim Spülen der Kaffeetasse werden die Pullover-Ärmel nass und beim Zähneputzen verteilt man die Zahnpasta überall auf seinem Lieblings-T-Shirt. Als man das Haus bereits verlassen hat, realisiert man, dass das Handy keinen Akku mehr hat. Beim Betreten des Büros wird man unfreundlich von seinem Chef begrüsst und an die Berge von Arbeit erinnert.

    Es gibt schlechte Tage und es gibt s****** Tage. Bei schlechten Tagen geht eine Sache schief, bei der anderen Sorte geht einfach alles schief. Der Grundsatz der Physik «Negatives stösst Negatives ab» wird an diesem Tag ausser Kraft gesetzt und die schief laufenden Dinge ziehen noch mehr schief laufende Dinge an.

    Diese Kolumne widmet sich direkt an jene Leute, die gerade so einen Tag haben. Denn, was wir oftmals vergessen, ist, dass jeder solche Tage hat. Bei niemandem läuft alles immer rund. Genau deshalb ist es völlig menschlich, wenn man sich an Tagen wie diesen antriebslos fühlt. Vor einigen Wochen ging es mir so. Ich hatte nicht nur einen blöden Tag, sondern direkt mehrere nacheinander. In dieser Zeit habe ich mir eine Liste mit Aktivitäten angeeignet, die mir helfen herunterzufahren, wenn ich einfach nichts auf die Reihe bekomme. Diese Liste möchte ich vorstellen und hoffe, damit Leuten helfen zu können, die einen solchen Tag haben.

    Die erste Aktivität auf dieser besagten Liste ist Sport. Ich bin um Gotteswillen keine Sportskanone. Volleyball habe ich beispielsweise nur angefangen, damit ich mit meinen Freundinnen quatschen kann. In letzter Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass mir Sport hilft, die innere Anspannung und Wut zu lösen. Vor allem Joggen ist für mich ein Wutventil. Mit jedem Schritt, den ich mache, hämmere ich auf meinen inneren Boxsack ein und lass alles raus. Nach meiner Joggingrunde bin ich meistens so fertig, dass ich zu müde bin, um mich überhaupt noch über irgendetwas aufzuregen oder Gedanken zu machen. Diese Aktivität gibt es aber nur im Doppelpack mit der zweiten auf der Liste. Nachdem ich nämlich etwas für meinen Körper getan habe, muss ich etwas für mein Herz tun und bestelle oder kaufe mir alles zum Essen, was ich will. Dabei ist mir alles egal, Hauptsache es schmeckt.

    Was mir ebenfalls hilft, mich zu beruhigen, ist schreiben. Ich schreibe mir alles von der Seele. Das Gute, das Schlechte und das Dazwischen. Ich schreibe mir das Schlechte von der Seele und baue mir selber eine Positivität auf. Wenn man selber nicht der Schreibtyp ist, kann man sich auch alles von der Seele reden. Für mich hilft beides sehr. Wenn ich mit einer guten Freundin über alles rede, geht es mir automatisch besser, ganz nach dem Motto: «Geteiltes Leid ist halbes Leid.»

    Auch hilft mir die Musik. Musik hat auf mich eine therapeutische Wirkung. Deshalb höre ich auch überall immer Musik. Sie beruhigt mich, muntert mich auf, erinnert mich an schöne Tage und lenkt mich ab. Dabei variiert mein Musikgeschmack von Indie bis hin zu Techno und Heavymetal. Für extra miese Tage habe ich mir eine Playlist erstellt, die mich aus der Abwärtsspirale bringen soll. Ich höre dann besonders gerne sehr laute Musik wie Techno oder Heavymetal. Mein Motto: Mit lauter Musik die Negativität vertreiben.

    Klar, diese Aktivitäten helfen nicht immer. Zum Glück geht aber jeder Tag zu Ende. Über Nacht laden wir unsere Batterien auf und können den nächsten Tag wieder mit neuem Elan begegnen. Und das Schöne an diesen Tag ist doch, schlimmer kann es nicht mehr werden.

    Herzlichst
    Lilly Rüdel

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